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Einige kurze Informationen zum Baal Schem Tow und zum Chassidismus
"Baal Schem Tow" (hebräisch: "Herr des guten Namens") ist der in die Geschichte eingegangene Beiname des 1699 geborenen und 1760 gestorbenen Mystikers Rabbi Israel Ben Elieser aus Miedzyborz. Der auch kurz "Baalschem" genannte Mann gilt als Begründer des Chassidismus, eine mystische Erweckungsbewegung, die weite Kreise des Ostjudentums im 18. und 19. Jahrhunderts ergriff. (Nähere Informationen bei: Gershom Scholem, Die jüdische Mystik in ihren Hauptströmungen, Frankfurt 1980, S. 356-385).
Der Chassidismus gründet in kabbalistischen Traditionen, die insbesondere von einzelnen charismatischen Persönlichkeiten weitergegeben wurden. Diese sogenannten chassidim (von hebräisch: chäsäd, "Gnade") und zaddiqim (von hebr. zädäq, "Gerechtigkeit") waren volksnahe Gestalten, deren eigentliche Berufung die Verbindung zwischen der unmittelbar erfahrbaren Welt und der geistigen jüdischen Tradition war. Den Chassidismus kann man daher in besonderer Weise eine "geerdete Mystik" nennen. Tiefste religiöse Spekulation geht einher mit großem sozialem Engagement und einer äußerst demütigen Lebenseinstellung. Dazu kommt eine unbändige Lebensfreude, die sich in ekstatischem Tanz und Musik äußerte - welche heute übrigens eine erstaunliche Rennaissance erlebt (Klezmer).
Ein wichtiges - wenn nicht das beherrschende - Ausdrucksmittel der Chassidim waren Erzählungen. Die Sammlung Martin Bubers (Die Erzählungen der Chassidim, Zürich 1987) gibt davon nur einen eher oberflächlichen Eindruck.
Hier eine kleine Kostprobe (sie hat auch etwas zu tun mit dem dialogischen Prinzip, das sich in der Mystik aller Religionen findet):
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Rabbi Löw, Sohn der Sara, der wandernde Zaddik, erzählte:
"Einmal war ich bei dem Baalschemtow über Sabbat. Gegen Abend vor der dritten Mahlzeit saßen schon die großen Schüler um den Tisch und warteten auf sein Kommen. Dabei unterredeten sie sich über einen Spruch des Talmuds, um dessen Bedeutung sie ihn befragen wollten. Es war der Spruch: 'Gabriel kam und lehrte Josef siebzig Sprachen'. Sie fanden ihn unverständlich; denn besteht nicht jede Sprache aus zahllosen Wörtern? Wie soll es da dem Verstand eines Menschen möglich sein, sie alle in einer einzigen Nacht, wie es erzählt wird, zu erfassen? Die Schüler kamen überein, dass Rabbi Gerschon von Kitow, der Schwager des Baalschem, ihn darum befragen sollte. Als der Meister kam, und sich zu Häupten des Tisches setzte, brachte Rabbi Gerschon die Frage vor. Der Baalschem begann eine Lehrrede; aber sie hatte anscheinend mit dem Gegenstand der Frage nichts gemein, und die Schüler vermochten daraus keine Antwort zu entnehmen. Plötzlich jedoch geschah etwas Unerhörtes und Unbegreifliches. Mitten in der Lehrrede klopfte Rabbi Jaakob Jossef von Polnoe auf den Tisch und rief mitten in die Lehrrede hinein: 'Türkisch!' Und nach einer Weile: 'Tatarisch!' und wieder nach einer Weile: 'Griechisch!', und so Sprache um Sprache. Allmählich verstanden ihn die Gefährten: er hatte aus der Lehrrede des Meisters, die scheinbar von ganz anderen Dingen handelte, Quell und Wesen jeder einzelnen Sprache erkennen gelernt - und wer dich Quell und Wesen einer Sprache gelehrt hat, hat dich die Sprache gelehrt".
(aus: Martin Buber, Die Erzählungen der Chassidim. Zürich 1987, S. 142-143)
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Vielleicht spürt man auch hier, dass Erzählungen eine besondere, erlösende Kraft haben.
Eine kleine abschließende Bemerkung noch zu dem Zitat: "Das Geheimnis der Erlösung heißt Er-Innerung":
Die chassidische Tradition des Baal Schem Tow ist auch eine Antwort auf die kurz zuvor mit katastrophaler Wirkung über das Judentum hereingebrochene messianische Bewegung des Sabbatianismus (vgl. Gershom Scholem, Sabatai Zwi. Der mystische Messias, Frankfurt 1992). Sabbatai Zwi (1626-1676), der Namensgeber dieser Bewegung, trat auf mit dem Anspruch, der verheißene Messias zu sein. Auf dem Höhepunkt seiner Wirksamkeit fiel er jedoch vom Judentum ab und trat zum Islam über. Auf diese Weise von der historisch in einem "Erlöser" sich manifestierenden Hoffnung enttäuscht, wandte sich das östliche Judentum nun einer Innerlichkeit zu, die weiterhin Erlösung erwartet, jedoch nicht (nur) als äußeres Geschehen, sondern vornehmlich als eine neue innere Verfassung.
Insofern ist auch für mich "Er-Innerung das Geheimnis der Erlösung". Erinnerung hier durchaus vom Wortstamm "innen" her in doppeltem Sinne verstanden als die Anerkennung der religiösen Tradition einerseits und ihre persönliche Aneignung andererseits.
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